VOODOO! (19.10.2019 – 17.05.2020)
NEUE SONDERAUSSTELLUNG IM RPM

Hildesheim. Die Voodoo-Religionen umgibt ein Hauch von Mystik und Exotik. Viele Menschen verbinden Voodoo vor allem mit Nadelpuppen und Zombies. Dieses Bild ist wesentlich von Hollywood geprägt worden. Die Realität aber ist sehr viel komplexer. Tatsächlich sind die Voodoo-Religionen Jahrhunderte alt und verfügen über ein umfassendes und abstraktes theologisches Fundament. Sie lassen sich bis zur Yoruba-Religion in Nigeria und möglicherweise noch weiter bis zu den antiken Hochkulturen im Nordosten des afrikanischen Kontinents zurückverfolgen. Heute ist Vodun, wie die Religion in Afrika genannt wird, vor allem in Benin, Ghana und Togo verbreitet. Über den Sklavenhandel gelangten Westafrikaner in die Karibik und auf das amerikanische Festland und mit ihnen ihre Glaubensvorstellungen, die sich in den Kolonien mit Christentum und indigenen Religionen Amerikas vermischt haben. Vor allem in Haiti bildete sich eine eigene Voodoo-Variante heraus. Doch auch in Kuba, Brasilien und den USA gibt es afroamerikanische Religionen, die von Vodun und Yoruba stark beeinflusst sind.

Museum Essen
So verschieden wie die Länder sind, in denen diese Religionen auftreten, so unterschiedlich sind die religiösen Praktiken und Zeremonien. Voodoo ist mehr als eine Religion – eine Gesellschaftsform mit einem eigenen Rechtssystem. Die Klischees, die man mit Voodoo verbindet, haben ihre Ursprünge in Haiti und sind gar nicht so weit von der Realität entfernt. Doch afrikanisches Vodun ist ganz anders – eine offen gelebte Religion, deren Anhänger einzig nach Harmonie mit dem Universum, den Göttern und den spirituellen Kräften streben. Schwarze Magie und düstere Praktiken spielen darin keine Rolle.
Die Geschichte der Voodoo-Religion in Haiti hingegen ist eng mit der traurigen Geschichte des Landes verbunden, das nach der Befreiung von der französischen Kolonialherrschaft und der Abschaffung der Sklaverei ständige Phasen der Unterdrückung, der Korruption und der Fremdherrschaft und verheerende Naturkatastrophen erlebt hat. In Haiti haben sich Geheimgesellschaften und Strukturen herausgebildet, welche die Religion missbrauchen und die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen, obwohl der haitianische Voodoo-Glaube an sich genauso friedlich ist wie der afrikanische.
Die Ausstellung »Voodoo« im Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim ist eine Weltpremiere und zeigt erstmals diese Religionen beidseits des Atlantiks in ihrer Gesamtheit. Neben den eigentlichen Voodoo-Religionen in Westafrika und Haiti werden die Ursprünge dieser Religionen dargestellt.
Thematisiert wird auch die Sklaverei und der Weg über den Atlantik nach Amerika. Die Ausstellung stellt die ganze Familie der mit Yoruba und Vodun verwandten afroamerikanischen Religionen vor, u. a. Santería und Palo in Kuba sowie die brasilianischen Religionen Candomblé, Umbanda und Quimbanda. Dabei ist sie von hochaktueller Bedeutung; denn mit der zunehmenden Migration von der Karibik nach Nordamerika und von Westafrika nach Europa dringen diese Religionen immer stärker in die westliche Welt und damit auch zu uns vor.
Dabei ist die Ausstellung hochgradig inszeniert und bietet den Besuchern ein lehrreiches und überaus spannendes Erlebnis. Auf zwei Etagen und ca. 1.000 qm präsentieren wir fast 1.200 Objekte, von denen viele zuvor noch nie ausgestellt worden sind. Darunter sind zahlreiche Leihgaben aus mehreren Ländern und einzigartige, nie gezeigte Objekte aus den Beständen des Soul of Africa-Museums in Essen. Aktive und benutzte Altäre aus Benin und Togo erlauben einen unmittelbaren und authentischen Einblick in die afrikanischen Religionen. Von dort führt der Weg vorbei an Schiffen, welche die Seelen der einst über Bord geworfenen Sklaven zurück nach Afrika bringen sollten, direkt nach Amerika, wo die Besucher tief in diese fremde und farbenfrohe Welt eintauchen können. Über die Place d’Haïti spazieren sie nach Kuba und Brasilien. In nachgebauten Straßenzügen können sie die einzelnen Religionen in ihren Tempeln erkunden. Auch die üblichen Klischees hinterfragen wir natürlich und zeigen, was es mit den Zombies wirklich auf sich hat.
Die Ausstellung ist vom 19.10.2019 bis zum 17.05.2020 geöffnet. Es gibt ein umfassendes und abwechslungsreiches Begleitprogramm mit Führungen, Vorträgen und Veranstaltungen. Zudem erscheint ein reich bebilderter Katalog mit Beiträgen zahlreicher namhafter Autoren.